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Awdijiwka steht seit über neun Jahren unter Beschuss der russischen Besatzer. Die Bewohner der Stadt haben sich jedoch von Beginn des Krieges an für die ukrainische Seite entschieden und gelernt, mit dem Kanonendonner der Explosionen im Industriegebiet zu leben. Seit Beginn des russisch-ukrainischen Krieges hat Awdijiwka eine russische Invasion immer wieder abgewehrt den Besatzern ist es im Laufe der Jahre nicht gelungen, die Stadt vollständig zu erobern. Derzeit versucht die russische Armee, Awdijiwka so schnell wie möglich einzunehmen, um zumindest einen teilweisen “Sieg” zu erringen, stößt dabei aber auf den erbitterten Widerstand der ukrainischen Streitkräfte.

Awdijiwka gilt als eine der ältesten Siedlungen im Gebiet Donezk. Hier entwickelte sich die Industrie, es entstanden einzigartige Traditionen, und es wurden seit jeher verschiedenste Feste veranstaltet. Awdijiwka war, wie andere Städte in der Ukraine, voller Leben. Doch heute gleicht die Stadt mehr und mehr der ausgebrannten Stadt Marjinka. Jeden Tag erkämpfen die ukrainischen Streitkräfte unter Einsatz ihres Lebens das Recht von Awdijiwka auf Freiheit unter ukrainischer Flagge. Nach Angaben des Leiters der militärisch-zivilen Verwaltung der Stadt Awdijiwka, Witalij Barabasch, lebten Ende November 2023 nur noch 1.336 Menschen in der Stadt. Einige werden weiterhin evakuiert. Eine so niedrige Zahl wurde seit 1859 in Awdijiwka bei keiner Volkszählung mehr verzeichnet. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 lag die Zahl der Einwohner:innen der Stadt bei über 32.000.

Wir setzen unsere Serie über ukrainische Städte fort, die sich Russland seit Jahrhunderten anzueignen versucht, und entlarven die Erzählungen des Kreml über diese Orte.

Zwei Awdijiwkas

Die Geschichte von Awdijiwka reicht bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts zurück, als Bauern aus den Regionen Poltawa und Siwerschtschyna den ersten Bauernhof auf dem Gebiet der heutigen Stadt gründeten. Es gibt jedoch auch Belege für eine frühere Besiedlung in diesem Gebiet: Bei archäologischen Arbeiten an einem Hügel am Stadtrand entdeckten Forscher:innen eine steinerne “Baba” (einen Stein, der einer Frau ähnelt), was von der Anwesenheit von Nomadenstämmen im 9. bis 13. Jahrhundert zeugt.

Bis 1778 gab es in Awdijiwka die Sloboda – eine freie Siedlung von Bauern, die unter Selbstverwaltung stand. Dann wurde das Dorf auf Beschluss des zaristischen Russlands, das damals den größten Teil der ukrainischen Gebiete kontrollierte, dem Staatsgebiet zugeordnet – und so der Provinz Katerynoslaw des Bezirks Bachmut angegliedert.

Auch der Name des Dorfes hat einen interessanten Ursprung. Die Leiterin des Awdijiwka-Volksmuseums zitiert die Version, die ihr am zutreffendsten scheint: Es gibt mehrere Siedlungen in der Ukraine, die “Awdijiwka” heißen. Eine davon befindet sich in der Region Siwerschtschyna. Während der Herrschaft von Hetman Iwan Masepa im 18. Jahrhundert beteiligten sich die Bewohner:innen von diesem Awdijiwka an den Befreiungsbewegungen, was zur Folge hatte, dass das Dorf mehrmals niedergebrannt wurde. Daher zogen viele Menschen von dort in das Gebiet des Bezirks Bachmut und gründeten dort eine neue Siedlung, die nach dem Awdijiwka in Siwerschtschyna benannt wurde. Und diese wurde wiederum nach dem Bojaren des Fürsten von Nowhorod-Siwerskyj, namens Awdij, benannt.

Die ersten Bewohner:innen von Awdijiwka wurden “gagaj” genannt. Einer Legende zufolge erhielten sie diesen Spitznamen aufgrund der Art und Weise, wie das Land verteilt wurde: Ein Bauer erhielt ein Stück Land von der Größe, das er schreiend durchlaufen konnte. Die Idee war, dass er eine Fläche bewirtschaften konnte, solange er auch ihre Grenzen entlang rennen konnte. Die Örtlichkeit war reich an fruchtbarem schwarzem Boden und ermöglichte den Bewohner:innen von Awdijiwka, Landwirtschaft zu betreiben. Sie bauten hauptsächlich Getreide an.

Ende des 19. Jahrhunderts wurde eine Eisenbahnlinie durch Awdijiwka gebaut, und einige Kilometer vom Dorf entfernt entstand ein Bahnhof, der nach der Siedlung benannt wurde. Viele Menschen aus Awdijiwka fanden dort Arbeit, jedoch mussten sie schwierige Bedingungen aushalten: 13-14 Stunden am Tag Schichtarbeit in ungeeigneten Produktionsräumen. Dies zwang die Arbeitenden im Laufe der Zeit immer wieder zu Streiks und Protesten, um bessere Arbeitsbedingungen zu fordern.

Bahnhof "Awdijiwka". Foto: Wikipedia.

Im Jahr 1900 wurde in Awdijiwka eine Ziegelfabrik eröffnet, die neben Ziegeln auch Fliesen herstellte. Viele Menschen arbeiteten auch in der Keramikfabrik, die 1929 wiederaufgebaut wurde. Der ursprüngliche Beruf der Bewohner:innen von Awdijiwka, die Landwirtschaft, entwickelte so sich weiter. Es ist erwähnenswert, dass Awdijiwka zu jener Zeit aus zwei Siedlungen bestand: “Stara Awdijiwka” und dem Dorf “Chimik”. Sie wurden 1956 zu einer Stadt zusammengelegt.

In Awdijiwka gibt es auch einen bekannten Steinbruch, zu dem sowohl Einheimische als auch Menschen aus den benachbarten Siedlungen, einschließlich Donezk, zum Urlaub machen kamen. Der Steinbruch blieb nach der Gewinnung von Quarzsand in den 1930er Jahren bestehen. In der Folge entstand eine Grube, die mit sauberem Wasser gefüllt wurde. So wurde aus einer Industrieanlage ein beliebtes Touristenziel mit weißem Sand und klarem Wasser. Die Besucherzahlen des Ortes wurden auch durch Badeverbote nicht gebremst(die damit begründet wurden, dass die rostenden und gefährlichen Industriemaschinen überflutet werden könnten).

Steinbruch von Awdijiwka. Foto: Wikipedia.

Während des Zweiten Weltkriegs war Awdijiwka einer der Orte, an denen beide Ableger der Organisation Ukrainischer Nationalisten (die OUN (b) und die von ihr getrennte OUN von Melnyk) tätig waren. Sie wurden sowohl von den deutschen Besatzungsbehörden als auch von den sowjetischen Behörden nach dem Krieg unterdrückt.

Im Jahr 1963 wurde in Awdijiwka ein Wahrzeichen der Stadt gebaut – die Awdijiwka-Kokerei. Sie ist eine der größten Kokereien Europas. Im Betrieb wurden über 30 verschiedene Produkte hergestellt. Die wichtigsten Produkte waren Hochofenkoks, der in der Eisen- und Buntmetallurgie als Prozessbrennstoff verwendet wird, sowie Elektrodenpech und Rohbenzol. Die Kokerei von Awdijiwka exportierte ihre Produkte in eine Reihe von Ländern, darunter Polen, Moldau, die Slowakei, Ägypten und die Türkei.

Awdijiwka-Kokerei (AKChZ). Foto: Interfax-Ukraine.

Mit dem Ausbruch des russisch-ukrainischen Krieges im Jahr 2014 wurde der Betrieb der Fabrik erschwert. Im Februar 2015 kam es zu einem Brand, der durch russischen Beschuss verursacht wurde. 2017 explodierten mehr als 320 Granaten in der Awdijiwka-Kokerei, wobei 12 Mitarbeitende getötet und mehr als 50 verletzt wurden. Seitdem wurde der Betrieb des Werks 15 Mal aufgrund von Beschuss zeitweise eingestellt und mehr als 200 Mal der Strom komplett abgeschaltet.

Im Jahr 2020 betrug die Zahl der Beschäftigten 3.973, und die Unternehmensleitung investierte in die Entwicklung der Fabrik. Der Beginn einer neuen Phase des Krieges im Jahr 2022 machte diese Pläne jedoch zunichte.

Den Beginn der russischen Aggression überleben

Im April 2014 nahmen die von Russland unterstützten Kämpfer der sogenannten “Volksrepublik Donezk” Awdijiwka ein. Kurz darauf trafen Angehörige der “Russisch-Orthodoxen Armee” in der Stadt ein und bezogen die Polizeiwache, die sofort in ein Hauptquartier und ein Gefängnis umgewandelt wurde, während das Bataillon “Wostok” den elitären Hotel- und Restaurantkomplex “Zaristische agd” (“Tsarskaja Ochota” auf Russisch) besetzte. Es wurde zu einer der vielen Haftanstalten in den besetzten Gebieten: im Keller des Hotels richteten die Angreifer eine Folterkammer ein. Bewohner:innen von Awdijiwka wurden wegen “administrativer Verstöße” festgehalten und gezwungen, für die Besatzer zu arbeiten – und geschlagen, wenn sie sich weigerten.

"Russisch-Orthodoxe Armee"
Eine terroristische Vereinigung, die an Kämpfen in der Ostukraine beteiligt war.

Die Operation zur Befreiung von Awdijiwka begann am 28. Juli 2014, und am 30. Juli war die Stadt wieder völlig unter ukrainischer Kontrolle. Die Kämpfe in der Stadt waren damit aber noch nicht beendet. Awdijiwka wurde schnell zu einem Vorposten. Im September 2014 nahmen russische Kämpfer erneut Kontrollpunkte und Wohngebiete unter Beschuss, infolgedessen wurde eine große Zahl von Einwohner:innen getötet oder verletzt. Ab Mitte November gab es in Awdijiwka aufgrund des ständigen Beschusses keinen Bus- und Zugverkehr mehr, keine zentrale Wasser- oder Heizungsversorgung und keine funktionalen Verwaltungseinrichtungen, Schulen und fast keine Banken.

Ein Soldat des Polizeiregiments "Kyjiw" in Awdijiwka. Foto: Wikipedia.

Allerdings wuchs auch die Zahl der ukrainischen Truppen in der Stadt; unter anderem waren dort die berüchtigten “Da-Vinci-Wölfe” stationiert. Während sich die prorussischen Kämpfer auf die Einnahme des Flughafens von Donezk konzentrierten, wurde Awdijiwka zu einem starken Rückzugsgebiet ausgebaut. Als die russische Armee auf das Industriegebiet von Awdijiwka vorrückte, schlug die Stadt zurück. Im Laufe der Jahre baute die Stadt eine starke Verteidigungslinie auf, die schließlich dazu beitrug, die Stadt nach Beginn der landesweiten Invasion zu halten.

"Da-Vinci-Wölfe"
Das Bataillon "Da Vinci-Wölfe", benannt nach Dmytro Kozjubajlo (Kurzform "1.OMB"), ist eine Formation der Landstreitkräfte der Ukraine. Sie wurde am 20. Januar 2014 als 1. Angriffskompanie als Teil des Freiwilligenkorps "Rechter Sektor" aufgestellt. Vom 17. März 2016 bis zum 7. März 2023 wurde sie von dem ukrainischen Helden Dmytro Kozjubajlo (Rufname "Da Vinci") geführt. Die Einheit nahm an Kämpfen um Awdijiwka, Sawur-Mohyla, Pisky, DFH usw. teil.

Leben trotz des Krieges

Trotz seiner Nähe zum Kriegsgebiet entwickelt sich Awdijiwka weiter, auch im kulturellen Bereich. Die Kokerei trug als Organisator verschiedener Veranstaltungen wesentlich dazu bei, und ihr Palast für Kultur, Technik und Sport galt als eines der wichtigsten Kulturzentren in Awdijiwka. Dort wurden lokale Feste und sogar internationale Veranstaltungen abgehalten.

2018 wurde Awdijiwka FM, ein jährliches Jugendkunstfestival der Stadt, ins Leben gerufen. Es umfasste Vorträge von bekannten ukrainischen Persönlichkeiten, verschiedene Wettbewerbe und Konzerte. An dem Festival nahmen unter anderem die Bands “The WJO” und “Zhadan and the Dogs” teil, sowie die Sängerin, Schriftstellerin und Person des öffentlichen Lebens Anschelika Rudnyzka, der Künstler Jurij Pittschuk und die Schriftstellerin Wiktoria Amelina (sie verstarb am 1. Juli 2023 an Verletzungen, die sie unter Beschuss von Kramatorsk durch russische Truppen erlitten hatte).

Das Festival bot auch eine Rock-Schule, in der Jugendliche und Erwachsene im Singen, Schreiben von Texten und Spielen von Musikinstrumenten unterrichtet wurden.

Das Festival Awdijiwka FM im Jahr 2021. Foto: Diana Schewelowa.

Die letzte Edition von Awdijiwka FM fand im Oktober 2021 statt. Im selben Jahr fand in der Stadt das “Retro NEW Herbst” — Festival für ältere Menschen statt, mit Workshops und Tänzen zu ukrainischen Liedern. Das Festival sollte eine jährliche Veranstaltung werden, aber der Ausbruch des landesweiten Kriegs machte diese Pläne zunichte.

Im April 2018 fand in Awdijiwka auch das Festival des zeitgenössischen ukrainischen Films statt, das Teil des Projekts “Ukrainisches Kino im Donbass” war. Ziel des Festivals war es, den Bewohner:innen der östlichen Regionen der Ukraine das zeitgenössische ukrainische Kino näher zu bringen und sie in einen gemeinsamen Kulturraum einzubinden.

2019 war Awdijiwka eine der Städte, in denen das Festival “Auf dem Land in die Ukraine” stattfand. Die Teilnehmenenden organisierten Konzerte für das Militär und hielten Workshops ab, um Zivilisten und speziell Kindern zu helfen, ihre Kriegserfahrungen und das Leben in der Nähe der Frontlinie mithilfe von Kunst zu reflektieren. Am beliebtesten war ein Workshop der Freiwilligen der ukrainischen Lufterkundung und Künstlerin Alina Kossowska, die Kindern in Petrykiwka die Petrykiwka-Malerei auf Patronenhülsen beibrachte.

Petrykiwka-Malerei auf Patronenhülsen. Foto: Armee der Information.

Neben Festivals gab es in Awdijiwka literarische Lesungen in Bibliotheken, Diskussionen mit Schriftsteller:innen und Fahrradtouren. Im Volksmuseum für die Geschichte der Stadt fanden Filmvorführungen statt. In der Stadt wurde eine Gasse mit Murals berühmter Künstler:innen gestaltet. Das berühmteste Wandbild ist der ukrainischen Sprachlehrerin Maryna Martschenko aus Awdijiwka gewidmet. Es wurde 2016 von dem australischen Künstler Guido Van Helten auf einem durch Beschuss beschädigten Haus gemalt. Im Herbst 2014 wurde Marinas Ehemann in der Nähe dieses Hauses fast getötet.

Guido Van Helten schafft ein Wandgemälde in Awdijiwka. Foto: Amos Chapple.

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Guido Van Helten schafft ein Wandgemälde in Awdijiwka. Foto: Amos Chapple.

Ein Wandgemälde in Awdijiwka. Foto: Amos Chapple.

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Ein Wandgemälde in Awdijiwka. Foto: Amos Chapple.

Awdijiwka ist auch für seine kulinarischen Traditionen bekannt, insbesondere für den Awdijiwka-Brei, dessen Tradition bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Ukrainischer Brei (“Kascha” auf ukr.) ist ein Element sowohl der rituellen, als auch der festlichen Küche: er wird bei Gedenk-Mahlzeiten und als Dessert bei Festen serviert. Dieses Gericht wird aus Reis, Eiern, Butter, Zucker und Milch gemacht. Im Jahr 2019 wurde der Awdijiwka-Brei in die Liste des immateriellen Kulturerbes des Gebiets Donezk aufgenommen. Der Brei gewann so viel an Beliebtheit, dass die Bewohner der Stadt einen eigenen “Club der Awdijiwka-Brei-Liebhaber” gründeten.

Awdijiwka im landesweiten Krieg

Mit dem Beginn der Invasion im Februar 2022 wurde Awdijiwka zu einem der Hauptziele Russlands. Die neue Phase des Kriegs um die Stadt begann schon etwas früher: Der erste russische Angriff fand am 21. Februar 2022 statt, nachdem Russland die “Unabhängigkeit” der terroristischen Gruppen der LVR (Luhansk-Volksrepublik) und der DVR (Donezk-Volksrepublik) anerkannt und verkündet hatte. Die Besatzer beschossen Awdijiwka täglich, zerstörten die Häuser der Einwohner:innen und hinterließen es kaum bewohnbar: Seit dem Frühjahr 2022 gibt es in Awdijiwka keinen Strom, keine Heizung und kein Gas mehr, und die zentrale Wasserversorgung war bereits einige Monate vor dem Einmarsch unterbrochen worden, weil die Russen die Donezk-Kläranlage beschädigt hatten. Infolge der Wiederaufnahme der Kriegshandlungen im Februar 2022 wurde der Betrieb der Kokerei zunächst unterbrochen und dann vollständig stillgelegt. Im Mai 2022 beschoss die russische Armee absichtlich eine Bushaltestelle, an der Arbeiter auf einen Bus warteten, und tötete 10 Menschen und verletzte 15. Seitdem steht die Kokerei unter ständigem Beschuss durch die Russische Föderation.

Awdijiwka war auch eine der Städte in der Region Donezk, in der die russische Armee im März 2022 die von der Genfer Konvention verbotene Phosphormunition einsetzte und die Schule Nr. 1 der Stadt zerstörte. Trotz des Verbots greift die russische Armee die Stadt weiterhin mit Phosphorbomben an, auch bei der aktuellen Offensive auf die Stadt, die seit Oktober 2023 andauert.

Awdijiwka-Schule Nr. 1 nach ihrer Zerstörung durch die Russen. Foto: Nationale Polizei.

Obwohl es den Russen gelungen ist, tiefer nach Awdijiwka vorzudringen, ist es ihnen noch nicht gelungen, die Stadt vollständig einzunehmen. Am 10. Oktober 2023 startete die russische Armee eine neue Offensive im Gebiet von Awdijiwka, an der Tausende von Soldaten beteiligt waren. Die russische Armee verlegte auch viel Technik ins Awdijiwka-Gebiet, konnte aber keine nennenswerten Erfolge erzielen, sondern erlitt und erleidet weiterhin schwere Verluste. Am 10. November berichtete der damalige Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Walerij Saluschnyj, dass Russland während der einmonatigen heftigen Kämpfe um Awdijiwka etwa 10.000 Soldaten verloren habe, während die ukrainischen Verteidigungskräfte mehr als 100 feindliche Panzer, etwa fünfzig Artilleriesysteme und sieben SU-25-Flugzeuge zerstört haben. Seit dem Beginn eines neuen Angriffs auf Awdijiwka verliert die russische Armee täglich bis zu tausend ihrer Soldaten.

Zerstörte russische Ausrüstung am Rande von Awdijiwka. Foto aus offenen Quellen.

Die Evakuierung der Stadt geht weiter. Nach Angaben von Witalij Barabasch, dem Leiter der Militärverwaltung der Stadt Awdijiwka, zwingen die verschärften Kämpfe und die einsetzende Kälte selbst jene Bewohner:innen, die sich bisher weigerten, die Stadt zu verlassen, zur Evakuierung. Da die Russen die Versorgungswege mit Artillerie und Drohnen beschießen, ist es schwierig, humanitäre Hilfe nach Awdijiwka zu liefern, aber sie kommt trotzdem. Die Bewohner:innen legen sich auch ihre eigenen Lebensmittelvorräte an.

Im November 2023 gab es in Awdijiwka nur noch einen einzigen Laden – drei weitere wurden von den Russen bombardiert, und zwei wurden durch Granatenbeschuss außer Betrieb gesetzt. Zwei Ärzte und vier Krankenschwestern verbleiben noch in der Stadt und versorgen die Opfer medizinisch unter schwierigen Bedingungen. Nach Angaben von Witalij Barabasch gibt es in Awdijiwka kein einziges unbeschädigtes Gebäude.

Ein von den Russen zerstörtes Haus in Awdijiwka. Foto aus offenen Quellen.

Warum Awdijiwka wichtig ist

Britischen Geheimdienstinformationen zufolge könnte der Angriff auf Awdijiwka für Russland die wichtigste Offensivoperation seit Januar 2023 sein. Die russischen Besatzer haben die Aufgabe, bis zum 31. Dezember die Verwaltungsgrenzen der Region Donezk zu erreichen. In seiner Abendansprache am 14. November wies der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj darauf hin, dass die Einnahme von Awdijiwka in naher Zukunft für Russland wichtig sei, da Putin im Dezember seine Wahlen ankündigen und zumindest einige Erfolge auf dem Schlachtfeld vorweisen wolle.

Awdijiwka liegt nur 15 Kilometer vom Zentrum von Donezk entfernt und ist Teil der Agglomeration Donezk-Makijiwka. Sein Verlust würde die Frontlinie von der Stadt wegbewegen und der russischen Armee den Vormarsch auf Pokrowsk ermöglichen. Ein großer Vorteil für die Russen wäre außerdem die Einnahme der Kokerei, die als Stützpunkt dienen könnte, der von der ukrainischen Armee nur schwer zurückerobert werden kann.

Foto: Screenshot von DeepStateMap.

Awdijiwka ist auch für Russland von großer symbolischer Bedeutung. Seit fast einem Jahrzehnt des Krieges versucht die Besatzungsarmee vergeblich, sich in der Stadt zu verankern. Und wenn die aktuelle Offensive erfolgreich ist, könnten die russische Regierung und die militärische Führung zumindest eine Art “Sieg” verkünden und so ihr Image in der Bevölkerung verbessern.

Ein Haus in Awdijiwka, 2016. Foto: Amos Chapple.

Doch die ukrainischen Streitkräfte halten Awdijiwka trotz Schmerzen und Müdigkeit weiterhin unter ihrer Kontrolle und kämpfen unter Einsatz ihres eigenen Lebens dafür, dass in der Stadt weiterhin die ukrainische Flagge weht.

Beitragende

Projektgründer:

Bogdan Logwynenko

Autorin des Textes:

Oleksandra Sytkowa

Redakteurin:

Alina Sabolotnja

Chefredakteurin:

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Bildredakteur,

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Übersetzerin:

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