Seit jeher werden Fähren genutzt, um Fahrgäste und Fahrzeuge zum anderen Ufer über den Fluss zu bringen. Die ersten Fähren wurden gebaut, um den Menschen zu helfen, Hindernisse auf ihrem Weg zu überwinden. Am Fluss Dnister gibt es bis zu 10 Fähren. Zwar liegen diese nicht an den wichtigen Verkehrsadern, sie verbinden aber Dörfer und kleine Städte. Eine der Fähren ermöglicht sogar internationale Fährverbindung.
Fähre wurde zum ersten Mal im Werk des römischen Schriftstellers Aulus Gellius „Noctes Atticae“ erwähnt. In diesem Werk hatte er unterschiedliche Wasserfahrzeuge aufgezählt. Fährmänner treten in deutschen Märchen auf. Und alle kennen den berühmtesten Fährmann
„Charon, der die Toten in die Unterwelt gebracht hat. Das Wort ,Porom‘ (Ukr. ,Fähre‘) findet gebrauch noch in der altslawischen Sprache. Das bedeutet, dass Ukrainer Fähren seit jeher genutzt haben.“
Als Folge des technischen Fortschritts wurden Fähren durch Brücken ersetzt. Und der Beruf des Fährmannes wird immer seltener ausgeübt. Dennoch gibt es Enthusiasten, die den Job sehr gerne übernehmen.
Die internationale Fähre
Die Fähre in Jampil mag am meisten stattlich wirken. Sie ist die einzige internationale Fähre in der Ukraine, seitdem der Fährbetrieb über den Fluss Dunaj eingestellt worden ist. Die Fähre an dem Grenzübergang setzt Fahrgäste und Autos an das andere Ufer über. Zwei Flaggen sind auf der Fähre zu sehen – der Ukraine und der Republik Moldau. In der Tat verbindet die Fähre die ukrainische Stadt Jampil und die moldauische Stadt Soroca.
Fähre Perebyjkiwzi- Chudykiwzi
Die Fähre zwischen den Dörfern Perebyjkiwzi und Chudykiwzi verbindet zwei ukrainische Regionen – Bukowyna und Podillja. Auf der Fähre sind mehrere Fährmänner gleichzeitig tätig. Sie leisten den Autofahrern beim Zufahren auf die Fähre ihre Hilfe, denn man dafür durchs Wasser fahren muss. Mykola Palahnjuk, einer der Fährmänner, erzählt, dass es lediglich den einen Weg aus dem Dorf Perebyjkiwzi gibt, weil sich das Dorf praktisch auf einer Halbinsel befindet.
Personenfähre in Salischtschyky
Ein gewöhnliches Boot wurde in eine Personenfähre umgebaut. Die Abkürzung nehmen die Fahrgäste, die den Weg zu der berühmten Brücke in Salischtschyky sparen wollen. Hier arbeitet Oleksandr Haljarewytsch, der fast jeden Tag Fahrgäste auf das andere Ufer bringt. Die Fähre ist seit 1973 in Betrieb. Unter der Woche nutzen die Verbildung ca. 20-30 Personen am Tag, und am Wochenende und an Markttagen kann die Zahl von Fahrgästen zu 200 – 300 Personen steigen. Die Fähre wird mit Hilfe vom Seil, an dem sie befestigt ist, fortbewegt.
Fähre Sosulynzi – Doroschiwzi
Die Fähre über Dnister zwischen den Dörfern Sosulynzi und Doroschiwzi wurde von Dmytro Wyhnan und seinem Sohn Bohdan 2007 gebaut. Der Zusammenbau von Pontons hat ein Jahr gebraucht. Der Anbau der Rampe hat sich auch etwas hingezogen. Zudem ließ die Genehmigung von der Klassifikationsgesellschaft „Ukrainisches Schiffsregister“ (eng. „The Shipping Register of Ukraine“) auf sich warten:
„Wir haben einen Fahrzeugschein. Alle 5 Jahre erfolgt die Neuregistrierung, ein neuer Fahrzeugschein wird ausgestellt. Es wird geprüft, ob die Fähre funktionstüchtig ist. Im Fahrzeugschein steht es, dass die Fähre über die ukrainischen Gewässer unter der ukrainischen Flagge fahren darf.“
Die Idee, einen Fährbetrieb aufzustellen, gehört Dmytro. Zu den Sowjetzeiten war er in einer Kolchose1 als Traktorfahrer angestellt, wollte aber immer ein eigenes Unternehmen haben. Die Verwaltung hat ständig Ausreden vorgebracht, warum eine Fähre nicht gebaut werden konnte. Doch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat sich die Familie zugetraut, den Fährbetrieb auf die Beine zu stellen. Den Mechanismus hat Dmytro der stromabwärts gelegenen Fähre in Senjkiw abgesehen. Einmal hat sich Dmytro die Fähre angeschaut, und schon konnte er den Mechanismus verstehen. Und das Zusammenbauen selbst hat die nächsten Schritte vorgegeben.
„Es wurde mal im Dorf so geredet, mal wollte noch zu Zeiten der Kolchosen, zu Sowjetzeiten, wie es so gesagt wird, wollte man eine Fähre in Betrieb setzten, aber es kam nicht dazu. Nun haben wir das übernommen. Zwei Pfeiler gab es hier schon. Da habe ich gesagt: ,Was soll’s? Wir leben grad in den Zeiten, wenn man alles selbst machen muss, Kolchosen wurden aufgelöst‘. Wir haben die Pontons gefunden, haben sie hergebracht, alles nach und nach zusammengeschweißt und die Fähre in Betrieb gesetzt. Und so fahren wir hier schon 11 Jahre.“
Zu den Zeiten der Österreichisch-Ungarischen Monarchie wurde hier der Bau einer Eisenbahnbrücke für die Schmalspurbahn angefangen. Diese ist aber 1916 im Krieg gesprengt worden. Davon sind bloß die Pfeiler stehen geblieben. Die Pontons für die Fähre wurden von einer Kaserne in Kamjanez-Podilsky abgekauft, als sie aufgelöst wurde. Diese Pontons wären sonst verschrottet.
Während der 11 Jahre ist die Fähre zu einem wichtigen Bestandteil der regionalen Infrastruktur geworden. Vom Dorf Doroschiwzi zum Dorf Sosulynzi muss man sonst einen Umweg von 62 Kilometer zurücklegen. Die meisten Bewohner der naheliegenden Dörfer nutzen eben die Fähre, denn die Hauptstraße ist in einem schlechten Zustand, ein beladenes Auto kann dort kaum fahren. Darüber hinaus spart man Zeit und Brennstoff.
Dmytro hat eine einfache Erklärung, warum er sich für diesen Job entschieden hat. Nach der Auflösung der Kolchosen gab es zwei Optionen zur Auswahl: entweder ins Ausland arbeiten fahren, oder etwas Eigenes anfangen. Dmytro hat sich für die zweite Option entschieden:
„Ich habe mir folgendes gedacht: was soll ich nun tun? Einiges an Ersparnissen hatte ich, ins Ausland zum Arbeiten wollte ich nicht fahren. Wie ein Spruch sagt, daheim lassen sich auch Steine bepflanzen. Nun haben wir es gemacht: die Verbindung mit einem Dorf, mit einem anderen Bezirk. Und Menschen haben es einfacher. Sie fahren nach Tscherniwzi, ihre Waren zu verkaufen, und die Verbindung mit der Fähre wird dem Umweg bevorzugt.“
Bohdans Schwiegervater arbeitet in Spanien. Er erzählt, man kann im Ausland gutes Geld verdienen. Ein durchschnittlicher Arbeiter bekommt mehr als Bohdan, obwohl er selbständig die Fähre betreibt und einen Laden hat. Der Schwiegervater hat es ihm vorgeschlagen, zu ihm nach Spanien zu kommen, aber Bohdan wollte nicht weg:
„Und dennoch ist zu Hause besser. Warum soll man irgendwohin fahren und als Angestellter arbeiten, wenn man hier sein eigener Herr sein kann. Es müssten mehr Möglichkeiten geschaffen werden, hier zu arbeiten, Lebensmittel anzubauen. Denn die Natur ist hier wundervoll, alles ist wundervoll.“
Wie funktioniert die Fähre
Die Fähre in Wyhnaniw ist eine Rollfähre, eine Variante der Gierfähre. Sie nutzt die Strömung des Flusses zur Fortbewegung und ist an einem Hochseil befestigt, das zwischen zwei Ufern angespannt ist. Dies verhindert das Abtreiben der Fähre.
Die Fähre stellt zwei zusammengebaute Pontons dar, die in vier Segmente unterteilt sind. Innen sind sie hohl, alle Teile sind zusammengeschweißt. Die Pontons schwimmen an der Wasseroberfläche, doch manchmal können sie etwas tiefer ins Wasser eintauchen. Der Ponton wiegt 17 Tonnen, das ist aber nicht spürbar, denn er an einem speziellen Seil befestigt ist. Demzufolge kann er nicht untergehen, auch wenn er etwas ins Wasser einsinkt.
Jeder Ponton ist für eine Fracht bis zu 20 Tonnen ausgelegt. Die Fähre kann gleichzeitig sieben Autos oder bis zu fünf Kleinbusse befördern. Die schwerste Fracht war zu transportieren, während die Brücke in Sylischtschyky zwecks Renovierung geschlossen war. Damals hat ein Bauer mehr als 30 Tonnen Mais für die Trocknung zum anderen Ufer transportiert.
Das Flussbett, wo die Fähre fährt, ist 230 Meter breit. Wenn der Fluss tief genug ist, kann die Fähre diese Strecke in 10 Minuten zurückgelegen. Je tiefer der Fluss, desto schneller kann man das gegenüberliegende Ufer erreichen. Ist der Dnister über 3 Meter tief, so reichen 3-4 Minuten für die Überquerung:
„Beim windigen Wetter lässt es sich nicht gut fahren. Der Fluss ist nicht tief – ca. 1,5 Meter, obwohl 70-80 Zentimeter sind schon eine ausreichende Tiefe für die Pontons. Wenn es zu flach ist, stakt man die Fähre kurz und sie bewegt sich langsam zum gegenüberliegenden Ufer, hin und zurück.“
Solche Fähren haben gegenüber den Seilfähren gewisse Vorteile, insbesonders auf den Flüssen mit einer starken Strömung. Mit Hilfe von handgetriebenen Winden wird die Fähre in die richtige Richtung gelenkt. Ob mehr oder weniger menschlicher Kraft erforderlich ist, hängt von der Stärke der Strömung und der Wellen ab. Je tiefer der Fluss, desto einfacher ist es für den Fährmann:
„Dabei ist wichtig, den Fährkörper so zu stellen, dass die Widerstandsfläche eben wird. So kann das Wasser die Fähre über den Fluss drücken. Würde das Wasser die Fähre nicht drücken, würde die Fähre stehen bleiben. Man kann vom Ufer ablegen und die Fähre so einstellen, dass sie mitten im Dnister stehen bleibt und sich nicht fortbewegt. Je tiefer die Fähre im Wasser sitzt, desto größer ist die Widerstandsfläche, wo die Druckkraft entsteht, und dementsprechend bewegt sich die Fähre schneller.“
Fährmann als Job
Bohdan erwähnt, dass er im Dorf scherzhaft „Fährmann“ genannt wird. Mit seinem Vater arbeiten sie auf der Fähre täglich von 7 Uhr morgens bis zum Sonnenuntergang. Sie wechseln sich ab: früh morgens arbeitet öfters der Vater und Bohdan übernimmt eher am Abend. Es kommt auch vor, dass Dmytro hier übernachtet. Den größten Zustrom von Fahrgästen erleben sie im Sommer während der Tomatensaison. Manchmal helfen Nachbarn auch, und manchmal muss man in der Nachtzeit arbeiten:
„Wir haben manchmal jemanden angerufen. Aber selten. Wenn man jemanden kennt, dann gut. Aber wenn jemand das zum ersten Mal tut, ist hier mal passiert, dass die Fähre ein Stückchen abgetrieben ist, denn sie denken, es wäre genauso wie auf der Straße. Doch je schneller die Fähre fährt, desto schneller fließt dir das Wasser unter der Fähre hinab.“
Eine Fahrt kostet ab 30 UAH, abhängig von den Außenmaßen eines Autos. Es kam vor, dass eine Fahrt mit Lebensmitteln bezahlt wurde:
„Wenn der Mensch kein Geld hat, was kann man von ihm verlangen.“
Die größte Herausforderung für einen Fährmann stellt der Einsatz beim schlechten Wetter dar. Regen, Wind, Kälte hindern und verlangsamen den Prozess. Wenn die ersten Fröste kommen, muss die Fähre aus dem Wasser rausgeholt und auseinandergebaut werden. Diese Zeit wird genutzt, um zu prüfen, ob die Teile renoviert werden müssen, ob es keine Durchbrüche gibt. Der Betrieb im Winter ist auch wetterabhängig:
„Wir hatten schon den Fall, dass die Fähre den ganzen Winter im Betrieb war. Im ersten Jahr, als wir gestartet haben, wurde die Fähre nicht mal aus dem Wasser geholt – denn es war nur zwei Wochen lang kalt.“
Normalerweise kann man den Dnister im Winter während des strengen Frosts mit dem Auto überqueren. Der Fluss ist mit einer Eisschicht von bis zu 50 Zentimeter bedeckt. Ist die Eisschicht zehn Zentimeter dick, so kann man schon aufs Eis steigen und auf das andere Ufer laufen. Die Eisschicht von 20-25 Zentimeter kann schon Autos tragen. In den kalten Jahren hat das Eis sogar Lastkraftwagen tragen können.
Fähre und Arbeit der Fährmänner sind auch für Menschen aus anderen Regionen interessant. Einige kommen nach Wyhnaniw, um die Baubesonderheiten einer Fähre abzuschauen. So waren hier Gäste aus der Verwaltung der Stadt Tysmenyzja, die in den Karpaten liegt. Sie haben sich die Fähre angeschaut und Fotos gemacht, weil sie auch gerne eine Fähre bauen würden. Dmytro stand ihnen mit Rat zur Seite:
„Ich habe gesagt, dass Untersetzungsgetriebe benötigt wird, Seilwinde um die Zufahrtsrampen hochzuklappen. Die Zufahrten sind das Schwierigste. Man soll das Hoch- und Niedrigwasser mitberücksichtigen, sonst kann es passieren, dass die Fähre weiter vom Ufer halten muss. Man muss den Winkel, die Stellung beachten, so dass die Fähre direkt an das Ufer, bis an den Schotter angelegt werden kann. So können die Passagiere auf das Ufer und nicht ins Wasser aussteigen. Und Autos können problemlos zufahren. Was soll man sagen – alles Einfache ist einfach gemacht.“