Sport als Instrument russischer Aggression. Wie reagiert die Welt?

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Als Russland mit Hilfe von Belarus eine umfassende Invasion in der Ukraine startete, wurden russische Sportler*innen von der Teilnahme an internationalen Wettkämpfen ausgeschlossen. Obwohl der Krieg andauert, sind Russland und Belarus seit Anfang 2023 in den Weltsport zurück. Wir wollen herausfinden, welche Verbote für die Sportler aus Russland und Belarus gelten, warum Sport nicht abseits der Politik stehen kann und warum es notwendig ist, die Besatzer in jeder Hinsicht weiter zu boykottieren.

Im Januar 2023 empfahl das Internationale Olympische Komitee (IOC), dass russische und belarussische Sportler*innen, die den Krieg nicht unterstützen, an den kommenden Olympischen Spielen in Paris teilnehmen dürfen. Russen und Belarussen wurde auch die Teilnahme am ältesten Tennisturnier Wimbledon genehmigt. Diese Entscheidung wurde von der Ukraine, Polen, Lettland, Litauen, Estland, Norwegen und Dänemark kritisiert. Ukrainer hielten im Ausland Demonstrationen ab und verfassten einen Aufruf, in dem sie an die russischen und belarussischen Verbrechen erinnerten und den Ausschluss der Sportler aus diesen Ländern forderten, solange der Krieg andauert.

Sport als Mittel zur Förderung der russischen Propaganda

Russland nutzt den Sport aktiv als Mittel für seine aggressive Politik. Russische Sportler unterstützen den Krieg gegen die Ukraine offen: Sie nehmen an Propagandaveranstaltungen teil und halten Reden, in denen sie Russlands bewaffnete Aggression legitimieren.

Hitler und seine Getreuen bei der Eröffnung der Olympischen Spiele in Berlin. Foto aus den Archiven.

Der Sieger der Olympischen Sommerspiele 2021, der russische Turner Nikita Nagornyj, hat einen militärischen Rang und leitet Junarmija, eine militärische Organisation zur Erziehung von Kindern und Jugendlichen, die dem russischen Verteidigungsministerium untersteht. Andere russische Sportler, wie z. B. der Biathlet Eduard Latypow, Bronzemedaillengewinner bei den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking oderdie Skifahrer Aleksander Bolschunow und Denis Spetsow bekamen 2022 einen höheren militärischen Rang.

Der russische Turner Nikita Nagornyj und der Kriegsverbrecher Putin.

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Der russische Turner Nikita Nagornyj und der Kriegsverbrecher Putin.

Der russische Turner Nikita Nagornyj.

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Der russische Turner Nikita Nagornyj.

Der olympische Skiläufer Alexander Bolschunow, die Turnerinnen Dina und Arina Awerina sowie Viktorija Listunowa hielten im März 2022 anlässlich der russischen Invasion der Ukraine eine Rede im Moskauer Luzhniki-Stadion . Die Veranstaltung wurde von Dmitrij Gubernijew moderiert, der seit Jahrzehnten die Olympischen Spiele kommentiert.

Russische Sportler bei einer Demonstration im Moskauer Luzhniki-Stadion im März 2022 anlässlich der russischen Invasion der Ukraine. Screenshot aus dem Video.

2015 wurde Jelena Isinbajewa, einer zweifachen olympischen Siegerin und IOC-Vertreterin aus Russland, von Sergej Schoigu ein weiterer Dienstgrad verliehen. 2016 nahm sie an einer Propagandaübung des russischen Militärs in Syrien teil. Im selben Jahr klagte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon das Assad-Regime und die Russische Föderation an, Wohngebäude in der syrischen Stadt Aleppo bombardiert zu haben.

Die zweifache Olympiasiegerin Isinbajewa erhält vom russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu einen neuen militärischen Rang. Foto: Ukrinform.

Der Krieg gegen die Ukraine wurde auch von dem Turner Iwan Kuljak, dem Schachspieler Roman Schirokow, dem olympischen Skiläufer Alexander Legkow, dem Schwimmer Jewgenij Rylow, den Eiskunstläufern Wladimir Morosow, Nikita Katsalapow und Wiktorija Sinitsyna sowie der Turnerin Wladislawa Urazowa unterstützt.

Russland bezieht sogar minderjährige Sportler in seine Propagandaaktivitäten ein. So organisierte der Zentrale Armeesportklub den Bilderwettbewerb „Für den Sieg!“ unter Kindern aus Sportschulen, um die gegen die Ukraine kämpfenden Russen zu unterstützen.

Russen nehmen nicht nur an Wettkämpfen teil, sondern leiten auch internationale Sportverbände. So wurde beispielsweise am 13. Mai 2022, als russische Truppen Mariupol zerstörten, wurde der Russe Umar Kremlew zum Präsidenten des Internationalen Amateurboxverbandes wiedergewählt. Der Internationale Schachverband (FIDE) wird seit 2018 vom Russen Arkadij Dworkowitsch geleitet.

Der russische Schachspieler Sergej Karjakin, der der Ukraine die Schuld am Ausbruch des Krieges gab, wurde lediglich sechs Monate von der Teilnahme an FIDE-Turnieren ausgeschlossen. Der Sportler stammt übrigens aus Simferopol und hat früher für die Ukraine gespielt. Im Jahr 2009 erhielt er jedoch auf Anweisung des damaligen russischen Präsidenten Dmitrij Medwedew einen russischen Pass und begann, das russische Regime, einschließlich der Besetzung der Krym zu unterstützen. Die FIDE-Ethikkommission verhängte keine Sanktionen gegen den Schachspieler Sergej Shipow, der ebenfalls den Krieg gegen die Ukraine unterstützte.

Russland nutzt nicht nur Sportler zur Förderung seiner imperialen Politik, sondern lockt auch ukrainische Sportler an. So erhielten beispielsweise der Sportschütze Artur Ajwazjan, Olympiasieger von 2008 und Wira Rebryk, die Speerwurf-Europameisterin von 2012, nach der Besetzung der Krym die russische Staatsbürgerschaft. Dennoch konnten sie 2016 nicht zu den Spielen in Rio de Janeiro (Brasilien) reisen.

Russland mischte sich auch auf globaler Ebene in den ukrainischen Sport ein. Im Jahr 2013 wurde im Gazprom-Büro das Projekt einer Vereinigten Fußballmeisterschaft von Russland und der Ukraine vorgestellt. Neun Mannschaften aus jedem Land sollten daran teilnehmen. „Gazprom“ plante, die Veranstaltung zu finanzieren, und versprach den Teilnehmern Geldprämien, die über denen der Champions League lagen. Der Preisfonds des Wettbewerbs sollte sich auf 800 Millionen Dollar belaufen.

Alle Sportler, die bei Propagandaveranstaltungen auftreten, in sozialen Medien Beiträge zur Unterstützung der Invasion schreiben oder die Verbrechen der Besatzer verschweigen, tragen zur Fortsetzung des Krieges und zur Tötung von Ukrainern bei. Sie sollten aus den Sportverbänden ausgeschlossen werden. Bleiben sie, bedeutet es, dass die Verbände die russische Position tolerieren.

Russland tötet ukrainische Sportler

Während Sportler aus der Russischen Föderation den Krieg unterstützen, verteidigen ukrainische Athleten ihr Heimatland mit Waffen und sterben durch russischen Beschuss. Der ukrainische Minister für Jugend und Sport Wadym Hutzajt erklärte, dass Stand 1. April 2023 Russland 263 Sporteinrichtungen in der Ukraine zerstört und 262 Sportler getötet hat. Diese Sportler hätten weiterhin an Wettkämpfen teilnehmen, neue Generationen von Sportlern trainieren und ihren Sport weiterentwickeln können. Ihr Tod ist ein schwerer Schlag nicht nur für den ukrainischen Sport, sondern auch weltweit.

Fechter in der völlig zerstörten Unifecht-Halle in Charkiw. Foto: Mykola Synelnykow.

In Mariupol sind im Frühling 2022 der Boxtrainer Roman Zakharow und der Fußballtrainer Wiktor Tkatschuk durch russischen Beschuss ums Leben gekommen.

Im März 2022 entführten russische Truppen im damals besetzten Dorf Motyzhyn bei Kyjiw den Fußballspieler Oleksandr Suchenko mitsamt seinen Eltern. Alle wurden in einen Wald gebracht und dort erschossen. Ihre Leichen wurden während der Exhumierung identifiziert, nachdem die Ortschaften um Kyjiw herum befreit worden waren. Als der Krieg begann, blieb Oleksandr Suchenko in seinem Heimatdorf Motyzhyn, half seinen Mitbürgern bei der Evakuierung und leistete humanitäre Hilfe.

Bei einem Raketenangriff auf ein Hochhaus in Dnipro am 14. Januar 2023 starb Mykhailo Korenovskyi, ein angesehener Boxtrainer der Ukraine. Seine Frau und Kinder blieben unverletzt, da sie nicht zu Hause waren. Bei demselben Raketeneinschlag wurden auch die 15-jährige Tänzerin Marija Lebid und die Trainerin und Sportakrobatik-Richterin Anastasija Ignatenko getötet.

Die Überreste der Wohnung von Mykhailo Korenovskyi. Foto Yurij Stefanjak.

Unter den ukrainischen Sportlern gibt es viele, die an der Front ihr Leben gelassen haben. Bei den Kämpfen in Asowstal in Mariupol wurden der griechisch-römische Ringkämpfer Mykhajlo Popow, der Kraftdreikämpfer Yurij Lutschetschko und der Weltmeister im Thaiboxen Oleksiy Janin getötet. In der Nacht zum 29. Juli 2022 kamen der Jiu-Jitsu-Sportler Oleksandr Babenko und der Boxer Stanislaw Artemenko bei einem Terroranschlag auf das Kriegsgefangenenlager in Oleniwka ums Leben.

Anschlag auf das Kriegsgefangenenlager in Oleniwka
Die Streitkräfte der Russischen Föderation führten am 29. Juni 2022 einen gezielten Anschlag auf eine Strafkolonie in der besetzten Ortschaft Oleniwka in der Region Donezk durch, in der ukrainische Kriegsgefangene, darunter Verteidiger von Mariupol, festgehalten wurden. Bei dem Angriff wurden über 50 Menschen getötet und 130 verletzt, teilte die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine mit. Die ukrainische Regierung bewertet diese Tat als eine brutale Verletzung des Völkerrechts.

Im September 2022 wurde bei der Exhumierung von Massengräbern in der gerade befreiten Stadt Izjum die Leiche eines Mannes mit einem blau-gelben Armband gefunden. Der Verstorbene war Serhij Sowa, ein ukrainischer Militärangehöriger und Boxmeister. Während der Besetzung von Izjum wurde er zusammen mit anderen ukrainischen Verteidigern von den Russen zu Tode gefoltert.

Armbänder an der Hand von Serhij Sowa nach der Exhumierung. Foto aus offenen Quellen.

Der Bergsteiger Mykola Tymoschenko, der Hochspringer Roman Polischtschuk, der Volleyballspieler Wjatscheslaw Schachow, der Eiskunstläufer Dmytro Scharpar und der Kickboxer Witalij Styba starben ebenfalls bei der Verteidigung des Landes gegen die russischen Besatzer.

Die Russen töten nicht nur ukrainische Sportler. Im Juli 2022 wurde Tomasz Walentek, ein polnischer Freiwilliger und Kämpfer der Internationalen Legion, bei der Verteidigung des Gebiets Donezk getötet. Er geriet unter feindliches Feuer, als er seinen gefallenen Kameraden evakuieren wollte. Im zivilen Leben war Tomasz Walentek Kinderarzt und MMA-Kämpfer (Mixed Martial Arts). Nach dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine meldete er sich sofort freiwillig, um den Ukrainern zu helfen, ihre Freiheit zu bewahren.

Aufhebung der Beschränkungen gegen russische und belarussische Sportler

Ende Februar 2022 wurden Russen und Belarussen von internationalen Sportwettkämpfen ausgeschlossen. Außerdem kam es zu Frustration, denn trotz offizieller Aussagen haben einige Sportverbände Athleten aus Russland und Belarus nur formell von der Teilnahme an verschiedenen Veranstaltungen ausgeschlossen (z. B. verbaten Tennisverbände nur die Mannschaftsteilnahme, während Einzelsportlern die Teilnahme an Turnieren weiterhin gestattet wurde). Bereits 2023 sprach sich IOC-Präsident Thomas Bach gegen ein Teilnahmeverbot für Russen und Belarussen bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris aus. Ihm zufolge entspricht der Ausschluss von Athleten aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit „nicht den Werten und der Mission der Olympischen Charta“. Thomas Bach schlug vor, dass Russen und Belarussen an den Olympischen Spielen unter einer neutralen Flagge und nicht unter ihrer Staatsflagge teilnehmen könnten. Er fügte hinzu, dass es die Aufgabe des IOC sei, Athleten aus der ganzen Welt zu vereinen.

Russische Sportler unter einer neutralen Flagge. Foto aus offenen Quellen.

In einer offiziellen Mitteilung erklärte das Internationale Olympische Komitee, dass seine Entscheidung, Russland und Belarus zu den Wettkämpfen zuzulassen, von mehreren Faktoren beeinflusst wurde, darunter ein Schreiben der UN-Sonderberichterstatter für über zeitgenössische Formen des Rassismus. Die Verfasser dieses Berichtes sind besorgt über das Verbot der Teilnahme von Russen und Belarussen an den Olympischen Spielen. Das IOC verweist auch auf die Diskussion während der 77. UN-Generalversammlung in 2022, bei der die friedliche und einigende Mission des Weltsports unterstrichen wurde.

Das IOC erinnerte daran, dass bei den Olympischen Sommerspielen 1992 in Barcelona unabhängige Athleten aus dem damaligen Jugoslawien (heute Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Serbien, Slowenien, Kroatien, Montenegro und Kosovo) trotz verhängter UN-Kriegssanktionen teilnehmen durften.

Eine solche Einstellung des IOC-Chefs erscheint angesichts seiner „Freundschaft“ mit Putin geradezu natürlich. Bereits im Sommer 2016 veröffentlichte die deutsche Bild-Zeitung einen Artikel über Thomas Bach mit dem Titel „Putins Pudel“. In dem Artikel wurde darauf hingewiesen, dass auch nach der Bestätigung des massiven Dopings durch russische Sportler im Jahre 2015 Russland weiterhin an den Spielen teilnehmen durfte.

IOC-Chef Thomas Bach mit Kriegsverbrecher Putin.

Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps, jedoch legalisiert die Aufhebung der Beschränkungen gegen Russen und Belarussen deren Kriegsverbrechen gegen die Ukraine. Jeder solche Schritt erweckt die Illusion, dass der Krieg vorbei ist. Russen und Belarussen töten und foltern jedoch weiterhin Ukrainer und zerstören ihre Städte, deshalb sind keine Kompromisse mit Russland und Belarus zumutbar.

Auf die Absicht, Russen und Belarussen die Teilnahme an dem Wettbewerb zu ermöglichen, erklärte im Januar 2023 der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba, dass das IOC bereit sei, auf den Gräbern der von den Besatzern getöteten Ukrainer herumzutrampeln. Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Reznikow betonte, dass die Russen mit dem Blut ukrainischer Bürger befleckt seien und unter keiner Flagge an den Olympischen Spielen teilnehmen dürften.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Zelenskyj sagte, dass es während des Krieges keine Neutralität geben könne und dass die Teilnahme Russlands an den Wettbewerben erst nach Kriegsеnde diskutiert werden könne. Er äußerte auch seine Enttäuschung über die Erklärung von Thomas Bach und kündigte einen „Marathon der Ehrlichkeit“ an, damit die internationalen olympischen Institutionen nicht versuchten, Russen in den internationalen Sport wieder zuzulassen. Zelenskyj erinnerte daran, dass Aggressorstaaten den Sport nutzen, um ihre Ideologien zu verbreiten. Er betonte, dass ukrainische Athleten mit der Waffe in der Hand ihr Heimatland gegen Russland verteidigen und lud Thomas Bach zu einem Besuch in der umkämpften Stadt Bachmut ein.

Im April 2023 verbot das ukrainische Ministerium für Jugend und Sport die Teilnahme ukrainischer Sportler an Wettbewerben, an denen Vertreter aus Russland und Belarus teilnehmen. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, müssen die ukrainischen Sportler abreisen.

Die Welle der Zulassungen für Russen, die in den Leistungssport zurückkehren wollen, hat sich jedoch nach der Erklärung von Thomas Bach nur noch verstärkt. Ende März 2023 erlaubte der Veranstalter des Wimbledon-Turniers, All England Lawn Tennis and Croquet Club (AELTC), russischen und belarussischen Sportlern die Teilnahme an den Wettbewerben 2023 als neutrale Sportler. Der Erklärung zufolge dürfen keine Athleten teilnehmen, die von russischen oder belarussischen Behörden finanziert werden oder Sponsorenzahlungen von staatlichen Unternehmen erhalten. Darüber hinaus dürfen die Sportler den Krieg gegen die Ukraine nicht unterstützt haben.

Putin nimmt an der Eröffnungszeremonie der Olympischen Winterspiele in Peking teil, 4. Februar 2022. Foto: Sue Ogrocki für AP.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba bezeichnete diese Entscheidung als unmoralisch und sagte, der AELTC kommt den beiden Komplizen des Verbrechens entgegen. Er forderte die britische Regierung auf, den russischen und belarussischen Tennisspielern die Visa zu verweigern.

Im April 2023 entschied auch die Internationale Judo-Föderation (IJF), Russland und Belarus an den Wettkämpfen teilnehmen zu lassen. Die Sportler sollen unter neutraler Flagge antreten. Darüber hinaus wird eine unabhängige Kommission prüfen, ob sie Propaganda für den Krieg gegen die Ukraine verbreitet haben.

Die Internationale Judo-Föderation erklärte, sie fördere Judo als Mittel zur Achtung der Menschenrechte und zur Bewahrung von Einheit, Freundschaft und Frieden und trete für die Möglichkeit ein, Sportler zu sein unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder Geschlecht. Die Föderation bezeichnete den Sport als die wichtigste Brücke für Dialog und Versöhnung. Übrigens war Putin von 2008 bis 2022 Ehrenpräsident der IJF, bis er suspendiert wurde.

Kriegsverbrecher Putin auf einem Tatami bei ukrainischer Flagge. Foto: Getty Images.

Im Mai 2023 unterstützte die Europäische Judo-Union die Entscheidung der Internationalen Föderation, Russland und Belarus wieder in die Turniere aufzunehmen. Sie stimmte der Teilnahme von Russen und Belarussen an den Qualifikationswettbewerben für die Olympischen Spiele 2024 zu, die in Doha, Katar, stattfinden werden. Die Europäische Judo-Union wies darauf hin, dass russische und belarussische Sportler teilnehmen dürfen, wenn sie den Krieg nicht öffentlich unterstützt haben und keine Militärangehörigen sind. Sie werden unter einer neutralen Flagge antreten.

Der Vorsitzende des russischen Judo-Verbandes, Sergej Solowejtschik, begrüßte diese Entscheidung. Die Hauptaufgabe seines Verbandes bestünde an der Teilnahme an Olympischen Spielen und an der Erweiterung der Anzahl von Wettkämpfen, an denen Russen teilnehmen.

Das Nationale Olympische Komitee (NOC) der Ukraine berichtete, dass der IJF gegen die Vereinbarungen verstoßen und die Teilnahme von Judoka, die in der russischen Armee tätig sind, erlaubt habe. Dies steht im Widerspruch zu den Erklärungen des IOC, wonach nur diejenigen Sportler, die nicht den Sicherheitskräften angehören, neutral sein können.

Die ukrainische Judo-Föderation zog daraufhin ihre Bewerbungen für die Weltmeisterschaften in Doha (Katar) zurück und informierte diesbezüglich die IJF über die Verletzung der Neutralitätsbedingungen durch Athleten aus Russland. Das Nationale Olympische Komitee der Ukraine übermittelte dem IOC eine Liste der russischen Militärjudoka und bezeichnete die Zulassung solcher Athleten zu Wettkämpfen als eine bisher noch nie vorgekommene Missachtung der Olympischen Charta.
IJF-Generaldirektor Wlad Marinescu erklärte, dass die zu den Wettkämpfen zugelassenen Sportler aus der Russischen Föderation und Belarus keine Propaganda verbreiten. Er drückte sein Bedauern über den ukrainischen Protest aus.

Putin und die Judoka.

Proteste gegen die Zulassung russischer und belarussischer Athleten zu den Olympischen Spielen und Sportwettbewerben

Der Jugendrat des Außenministeriums der Ukraine startete die Kampagne #BoycottRussianSport, die darauf abzielt, die Teilnahme von Russen und Belarussen an den Olympischen Spielen 2024 in Paris zu verhindern. Bis zum 28. März 2023 wurden 16 Briefe an das IOC abgeschickt und ein Videoappell aus Italien, Rumänien, Deutschland, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich, Spanien, Österreich, Belgien, Frankreich, Kanada, Polen, den Vereinigten Staaten, der Schweiz, Schweden, der Tschechischen Republik, Moldawien und der Ukraine gemacht. Im Appell ging es darum, dass die Besatzer ukrainische Sportler töteten und Sportanlagen zerstörten, während russische Sportler den Krieg unterstützten. Die Mitglieder des Jugendrates forderten den Ausschluss der Russischen Föderation und Belarus von weiteren Sportwettbewerben.

Am 29. März 2023 veranstalteten Ukrainer in Brüssel eine Kundgebung gegen die Zulassung von Russen und Belarussen zu den Olympischen Spielen. Sie kamen zum Gebäude des EOC EU Büros und brachten mit roter Farbe beschmierte Sportkleidung mit. Das sollte daran erinnern, dass die Hände russischer Sportler mit dem Blut von Ukrainern beschmiert sind. Die Organisatorin der Kundgebung, Marta Barandij, erklärte, man wolle dem IOC den Standpunkt derjenigen Ukrainer übermitteln, deren Angehörige wegen des russischen Angriffskrieges kämpfen oder gelitten haben. Die Teilnehmer der Kundgebung wurden ins EOC EU Büro eingeladen und konnten dort ihren Standpunkt äußern sowie die Diplomaten auffordern, Russen und Belarussen nicht an den Olympischen Spielen teilnehmen zu lassen.

Blutige Sportattribute als Erinnerung an die gefallenen Ukrainer. Foto: Kanal 24.

Zur gleichen Zeit, im März 2023, verhinderten die Organisatoren des Fecht-Weltcups in China einen Protest ukrainischer Fechterinnen und Fechter gegen die Zulassung von Russland und Belarus zum Wettbewerb. Die ukrainischen Sportler entrollten ein Plakat, auf dem die Zahl der während des Krieges getöteten Athleten stand. Außerdem brachten sie Aufkleber auf ihre Masken an, mit denen sie die Zulassung von Russland und Belarus kritisierten. Wlada Charkowa, eine der ukrainischen Fechterinnen, sagte, die Organisatoren der Weltmeisterschaft zwangen die Sportler, das Plakat und die Aufkleber zu entfernen.

Die Fechterin Wlada Charkowa. Foto: Suspilne.

Nicht nur die Ukraine setzt sich für einen Boykott von Russen und Belarussen im Weltsport ein. Polen, Litauen, Lettland und Estland sprachen sich auch gegen die Teilnahme von Russen und Belarussen an den Olympischen Spielen aus, auch unter neutraler Flagge. Der lettische Außenminister Edgars Rinkēvičs sagte, Russland nutze den Sport, um seine Politik zu fördern, und das IOC solle sich nicht an „Propagandabemühungen“ beteiligen.

Auch Dänemark äußerte sich gegen die Aufhebung der Beschränkungen für Sportler aus Russland und Belarus. Im März 2023 sagte der dänische Fechtverband die Durchführung von internationalen Wettkämpfen ab, weil russische und belarussische Sportler zu internationalen Wettkämpfen zugelassen wurden. Der Vorsitzende des Verbandes, Jan Sylwest Jensen, sagte ein Chaos bei anderen Turnieren voraus, da sich Fechter weigern könnten, gegen Russen und Belarussen im Wettkampf einzutreten.

Im April 2023 beschloss auch der norwegische Fechtverband, Wettkämpfe mit Beteiligung von Russen und Belarussen zu boykottieren. Der Verband erklärte, er wolle die Ukrainer unterstützen und sich um Frieden bemühen. Norwegen plant außerdem, gemeinsam mit Schweden und Finnland ein eigenes Fechtturnier zu veranstalten.

Die französische Menschenrechtsorganisation Pour L’Ukraine, die gegründet wurde, um die Aufmerksamkeit der europäischen Regierungen auf den Krieg zu lenken, gab eine Mitteilung heraus, in der sie es als inakzeptabel bezeichnete, dass Russland angesichts seiner Verbrechen gegen die Ukraine in den Weltsport zurückkehre. Außerdem widerspreche die Teilnahme von Russen an den Wettkämpfen der Olympischen Charta, die zur „Achtung der universellen ethischen Grundprinzipien“ aufrufe und „eine friedliche, auf die Wahrung der Menschenwürde ausgerichtete Gesellschaft fördern“ wolle. Die Verfasser des Appells forderten das IOC und alle Sportverbände auf, Russen und Belarussen von den Wettkämpfen auszuschließen, bis die Truppen aus der Ukraine abgezogen werden.

Sport kann nicht außerhalb der Politik stehen. Russland und Belarus nutzen den Sport, um ihre totalitären Regime zu propagieren, viele russische Sportler unterstützen den Krieg gegen die Ukraine, während Ukrainer ums Leben kommen. Deshalb ist es notwendig, Russland und Belarus in allen Bereichen weltweit zu boykottieren, und der Sport ist keine Ausnahme. Es soll weiterhin Druck auf die internationale Gemeinschaft ausgeübt werden, damit die verhängten Beschränkungen gegen Russland und Belarus nicht aufgehoben werden.

Beitragende

Projektgründer:

Bogdan Logwynenko

Autor des Textes:

Maryna Kulinitsch

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